Von Mackay aus ließen wir es dann erstmal wieder etwas gemächlicher angehen. Bis zu den Whitsunday Islands hatten wir zwei Tage eingeplant, in denen wir vor allem mal einige für Australien typische Tiere zu Gesicht bekommen wollten. Bislang war insbesondere unsere Känguru-Bilanz ernüchternd: In acht Tagen hatten wir bislang nur vier Stück gesichtet und einen Stein, der von weitem wie ein Känguru aussah. Außerdem keine einzige Schlange und nur kleinere Spinnen, für die ihre deutschen Artgenossen allenfalls mitleidige Blicke übriggehabt hätten.

Wir erhofften uns diesbezüglich einiges von zwei Nationalparks, die wir als nächstes ansteuerten. Das sind zwar auch keine Zoos, aber immerhin naturbelassene Gebiete von besonderer Bedeutung und damit Wohnstätte für allerlei Getier. Schon der Hinweg zum Eungella-Nationalpark, der sich selbst als Schnabeltier-Hochburg bewirbt, war leidlich spannend: Auf halber Strecke weidete mutterseelenallein ein abgrundtief hässliches, lachsrosa Geschöpf mit Glubschaugen, leichtem Flaum, feuchter Kauleiste, Hörnern und kurzen Beinen, das wir sofort als Kuhschwein identifizierten. Wahrscheinlich trug die unansehnliche Kreatur auch einen biologisch korrekten Namen, der wäre aber definitiv nicht so treffend. Nach eingehender Besichtigung des Kuhschweins setzten wir unseren Weg umso motivierter fort, nur um im Nationalpark festzustellen, dass Schnabeltiere offenbar Meister der Tarnung sind: Wir sahen kein einziges. Dafür planschten wenigstens etliche Schildis im Schnabeltier-Bach, die sind ja auch ganz unterhaltsam.

Wir entschlossen uns außerdem zu einer einstündigen Wanderung durch den Regenwald, was wir aber besser gelassen hätten: Dort lauerten als einzige Tiere massenweise Blutegel in allen Größen, die sich entzückt auf unsere nackten Beine stürzten. Es wurde keine schöne Wanderung. Blutend verließen wir den Eungella-Park, der unsere Erwartungen nicht erfüllen konnte. Es sei wahrheitsgemäß erwähnt, dass die Planzenwelt für den interessierten Beobachter wohl viel Aufregendes bereithielt, aber wie bei den meisten Männern verläuft auch unsere Erregungskurve beim Anblick von Blumen, Bäumen und anderem Grünzeug eher flach.

Schnurstracks steuerten wir also den unweit gelegenen Nationalpark Cape Hillsborough an. Und siehe da: Schon in der Nähe picknickten mehrere Kängurus! Der dortige Campingplatz war geradezu überlaufen von den Beuteltieren, die fröhlich zwischen den Zelten und Campingvans auf und ab spazierten und durchaus zutraulich waren.

Am nächsten Morgen bimmelte der Wecker schon um halb fünf, denn zum Sonnenaufgang kommen die Kängurus (und ihre spitznasigen Artgenossen, die Wallabys) täglich allesamt zum Strand, um zu frühstücken. Als wir unsere Fotos im Kasten hatten, gingen wir noch auf einen Wander-Rundweg durch den kleinen, aber wirklich tollen Nationalpark. Hier wimmelte es dann endlich auch von handtellergroßen Spinnen und diversen Echsen. Besagter Rundweg ist allerdings nur bei Ebbe ein Rundweg, da man dann über den Strand zurücklaufen kann. Bei Flut – die war gerade – muss man den Hinweg wieder zurückgehen, denn dann gibt es keinen Strand, sondern nur bis zu zehn Meter hohe spitzzackige Klippen aus uraltem Vulkangestein. Ein Schild befiehlt deshalb eindringlich, bei Flut sofort umzukehren. Ich neige dazu, Aufforderungen auf Schildern gern zu befolgen, Sebastian nimmt sie eher als unverbindliche Empfehlungen wahr. Dementsprechend sah ich ihn bereits auf der ersten Klippe herumturnen, noch bevor ich meine Bedenken überhaupt vorbringen konnte. Um es kurz zu machen: Die gerade mal 600 Meter kosteten uns eine Stunde, waren eine echte Tortur und verlangten uns an Balancier- und Kletterkünsten dermaßen viel ab, dass jeder zufällig anwesende Zirkusdirektor uns mit Kusshand verpflichtet hätte.

So waren die Nerven bereits um kurz nach 9 Uhr runter (meine jedenfalls). Zum Glück hatten wir außer einer halbwegs kurzen Autofahrt von 150 Kilometern nichts mehr vor. Es ging nach Airlie Beach, dem Sprungbrett Nummer eins zu den Whitsunday Islands und damit einer der absoluten Backpacker-Hochburgen in Australien. Kurzerhand buchten wir für den nächsten Tag einen Trip zu den berühmten Inseln mit den Traumstränden und betteten uns auf einem menschenleeren Parkplatz zur Ruhe.

Als wir am folgenden Tag erwachten, hatte jemand unsere Windschutzscheibe mit einem überdimensionalen Strafzettel tapeziert. In Australien haben die Knöllchen nämlich A4-Format, wohl damit die großen Zahlen auch draufpassen. Mit einigem Entsetzen mussten wir lesen, dass wir doch bitte eine Zahlung von 252 Dollar, also rund 170 Euro, zu leisten hätten. Unser Vergehen: Wir hatten das „No Camping“-Schild am Parkplatzanfang übersehen. Ärgerlich, zumal man in Australien normalerweise fast überall campieren darf.

Für den Ärger entschädigte die Segelboot-Tour zu einem der weltweit weißesten Strände inklusive Schnorchelausflug im Korallenriff. Und das – man glaubt es kaum – am ersten wirklich rundum sommerlichen Tag in unserem Urlaub ohne nennenswerte Wolken, Sturm oder Regen.

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