Lutz am Flughafen abgesetzt, ging es für mich auch gleich weiter nach Austin. Zum einen war ich da mit meinem Gastgeber verabredet und zum anderen wollte ich unbedingt noch zum ACL (Austin City Limits) Music Festival gehen. Dieses fand mitten in Austin auf dem Gelände des Zilker Parks statt. Es war zwar schon für alle drei Tage ausverkauft. Doch wenn man selbst nicht hinter den Zaun aufs Gelände kommt, kommen wenigsten der Gesang und die Melodie zu einem. Als ich endlich in der nähe des Parks angekommen war, hörte ich schon die ersten Töne. Und diese kamen gleich von Lana del Rey. Nachdem ihr Auftritt zu Ende war, gab es eine Stunde feinste Musik von Major Lazer zu hören. Und anschließend die Gruppe, weswegen ich eigentlich an dem Abend gekommen bin: Skrillex. Zwar wäre das ganze auf dem Gelände besser gewesen, doch für kostenlose Dinge haben sich bisher die wenigsten beschwert.
Da am nächsten Tag wieder das Programm prall mit Künstlern gefüllt war, habe ich beschlossen auf gut Glück hinzugehen. Denn wenn es in Deutschland vor den meisten Konzerten noch Leute gibt, die Tickets zu verkaufen haben, muss es das doch auch hier geben. Und dem war so. Ich habe einen gesehen, der mit einem Bändchen (was das Ticket für das Festival war) in der Hand herum wedelte und auf seinem Schild in der Hand stand „Need tickets“. Das war für mich etwas merkwürdig. Aber ich habe ihn mal gefragt, ob er das Bändchen verkaufen will oder noch ein weiteres sucht. Er meinte, dass er beides mache. Ich habe mich für das Kaufen eines Bändchens entschieden. Er meinte dann zu mir, dass er Bares aber auch Kreditkarte akzeptiere. Das war für mich das verrückteste an der ganzen Sache. Hatte aber Bares dabei, denn ich wäre im Leben nicht auf die Idee gekommen, dass diese Straßenhändler auch Kreditkarten akzeptieren.
Mit dem Bändchen ums Handgelenk geschnürt, ging es ohne Probleme aufs Gelände. Somit war mein Sonntag voll mit Musik und Künstlern verschiedenster Art gefüllt. Natürlich gab es dort auch ein Bierzelt, wo man sich American Football live anschauen konnte. Und dies taten nicht nur eine Hand voll Leute. Auch eine sehr schöne Sache auf diesem Festival war, dass es auf dem ganzen Gelände kostenlos Wasser gab. Man ist mit seiner Flasche einfach hingegangen und hat diese gefüllt bekommen. Könnte man sich auch mal in Deutschland überlegen.
Am nächsten Tag fiel mir wieder auf, was ich die letzten beiden Tage schon mit großer Begeisterung feststellen musst: In Austin ist der Anbieter Car2Go sehr weit verbreitet und scheint auch rege genutzt zu werden. Überall stehen die kleinen Smarts herum. So viele wie dort habe ich in meiner gesamten Zeit in den USA noch nie gesehen. Auch sind mir in den Parks mehr Menschen über den Weg gelaufen, als es in anderen Städten der Fall war. Ich konnte mich also mal in Ruhe auf eine Wiese legen und mich nicht alleine fühlen.
Auch ist das Flussufer in dieser Stadt sehr gut durchdacht. Es ist dort für die Bewohner mit viel Grün und sehr schönen Wegen zum Joggen, Fahrradfahren und spazieren gehen ausgebaut worden. Und nicht nur für ein paar Meter, sondern auf beiden Flussseiten durch die ganze Stadt hindurch. Entweder werden in den USA an Flüssen direkt Häuser oder ein Hafen hingesetzt oder das Flussufer wird komplett sich und der Natur überlassen.
Nur einen Katzensprung von Austin entfernt befindet sich San Antonio. Da mein dortiger Gastgeber erst am frühen Abend zu Hause war, schaute ich mir an, was die Stadt zu bieten hat. Auch habe ich gehofft, dass die San Antonio Spurs an den Tagen ein Heimspiel haben. Doch was musste ich feststellen: die haben in der Zeit ein Spiel gegen Alba Berlin gehabt. Aber das ganze leider bei denen zu Hause. Da war ich einfach zur falschen Zeit in der falschen Stadt.
Als das geklärt war, habe ich mir ein entspanntes Fleckchen Grün herausgesucht und meine Beine im Wasser baumeln lassen. Bei angenehmen 34 Grad muss so etwas mal sein.
Abends bei Ruben, meinem dortigen Gastgeber, haben wir uns bei ihm erst auf der Terrasse und anschließend in der Küche beim Kochen stundenlang unterhalten. Und ich muss mir endlich merken in Deutschland Hummus zu kaufen. Das Zeug schmeckt einfach nur lecker.
Die beiden Tage bin ich ganz entspannt angegangen. Was unter anderem an den Temperaturen lag. Denn wenn einem Morgens das Thermometer im Auto schon 90°F anzeigt (was nach der Formel von Lutz (90-32)/2+10% ca. 31°C entspricht), dann ist da nicht viel mit schnell, schnell.
Somit fing ich ganz gemütlich damit an entlang des San Antonio Rivers zu schlendern. Hier fühlt man sich in den engen Gassen, den dortigen Gebäuden und den ganzen Cafés, Bars und Restaurants wie in einer Mischung aus Venedig und Mexiko. Auch Abseits des Flusses gab es einiges zu sehen, was ein wenig zur Geschichte des Staates Texas beitrug. Ein Besuch auf dem Tower of the Americas war für mich eine Pflicht. Denn auf einer Höhe von 230 Metern gab es wieder einen dieser perfekten Sonnenuntergänge zu sehen.
Jetzt kam der etwas größere Sprung mitten durch Texas. Da ich die Strecke bis nach El Paso nicht an einem Stück machen wollte, entschied ich mich das ganze auf zwei Tage zu verteilen. Der Zwischenstopp war Odessa. Ich hatte das Navi vorher mit irgendwelchen Zwischenpunkten gefüttert, damit das Ding einen mal Abseits der ganzen Autobahnen und Bundesstraßen schickt. Dabei sind traumhafte Abschnitte bei gewesen. Von alten Highways, die jede Menge Kurven und Berge zu bieten hatten, ging es hin bis zu den abgelegensten Schotterpisten. Jetzt weiß ich auch, warum der ein oder andere Amerikaner immer diese riesigen SUV’s fährt. Nach jeder Menge Spaß, Pausen und Verzweifelten Momenten, ob das Auto da jemals durch kommt, bin ich elf Stunden später in Odessa angekommen.
Mir ist schon Abends aufgefallen, dass es etwas frisch war. Doch als am nächsten Morgen die Temperatur bei 12°C nicht weiter nach oben gehen wollte, war das doch mal ein komplett anderes Programm als die letzten Wochen gewesen. Aber somit wurde mir beim Klettern in dem Guadalupe Mountains Nationalpark nicht allzu heiß. Es war gegen Mittag dort mit angenehmen 20°C die perfekte Temperatur zum wandern gewesen.
Nach drei Stunden Wandern, Sonnen und Entspannen kamen die letzten Kilometer bis zum Eigentlichen Ziel El Paso. Dort Abends angekommen, nahm mich meine Gastgeberin Kelia zusammen mit ihrer Freundin mit auf das Street Art Festival „Chalk the Block“. Dort gab es jede Menge Stände auf den Straßen, wo man Kunst in jeglicher Art und Form kaufen und anschauen konnte. Neben der Bühne mit Musik, gab es einen Laufsteg und viele Ateliers, die rundherum geöffnet waren und dort Kunst in allen Farben und Größen präsentierten.
Wir sind anschließend in eine Bar mit Livemusik gegangen. Als das Lied „easy like sunday morning“ angespielt wurde, ist der Sänger ein wenig von Tisch zu Tisch gegangen und hat den einen oder anderen mal mit einsummen lassen. Und natürlich musste unser Tisch mit dran glauben. Als erstes durfte meiner einer nach der Textzeile „easy like sunday morning“ kurz weiter machen. Anschließend war Kelia dran. Und danach wollte er noch ein Duett von uns hören. Warum auch immer, doch die Bar hat ordentlich gegrölt.
Bei angenehmen 20°C am nächsten Morgen und wolkenlosem Himmel ging es mit einer Seilbahn auf den Franklin Mountain. Von dort hat man eine super Übersicht über El Paso und die in Mexiko angrenzende Stadt Juárez. Von dort oben hatte man auch einen guten Blick auf den Grenzübergang gehabt. Von Mexiko aus in die USA stauten sich die Autos einige hundert Meter und das noch in etlichen Reihen.
Auf dem anschließenden Weg durch die Innenstadt habe ich mich auch mal dorthin begeben. Diese ewig langen Schlangen gab es nicht nur bei den Autos, sondern auch bei den Menschen, die in die USA wollten. Somit habe ich meine eventuelle Überlegung, nach Mexiko zu gehen, wieder verworfen. Außerdem musste ich feststellen, dass ich meinen Reisepass nicht dabei hatte.
Zurück im Art District war das Festival „Chalk the Block“ noch immer am laufen. Mir ist aufgefallen, dass sehr viele (von jung bis alt) mit Kreide bewaffnet alles anmalten, was eine Fläche zu bieten hatte. Dazu gehörten Hauswände, Straßen, Mülleimer, Schilder und und und.
Weiter ging es am nächsten Morgen in Richtung Tucson. Ich habe natürlich wieder die abgelegenen Landstraßen bevorzugt. Es war einfach nur traumhaft. Man konnte hier merken, dass die Bezeichnung „unendliche Weiten“ ihre Berechtigung hat. Du siehst ganz hinten irgendwo am Horizont die Straße verschwinden. Wenn du endlich dort selbst angekommen bist, sieht es dahinter immer noch genauso aus. Auf diesen Straßen macht das Fahren unglaublich viel Spaß, doch liegen bleiben möchte ich da auf keinen Fall. Denn einem Auto dort zu begegnen, ist eine Seltenheit. Aber das Auto hat die 600 Kilometer gut überstanden.
Mein Gastgeber in Tucson wohnt in einem Haus mit Terrasse und kleinem Garten. Auf der Terrasse hat er eine Couch gehabt. Und natürlich habe ich auch auf dieser die beiden Nächte verbracht. Einen freien Blick Nachts auf den Sternenhimmel lasse ich mir doch nicht entgehen.
Auch freie Blicke über eine Stadt möchte ich nicht gerne verpassen. Daher ging es am nächsten Morgen gleich auf den Sentinel Peak Park. Von dort aus kann man über die ganze Stadt blicken. Auch sieht man gut die Flugzeuge der US-Army landen, da sich im Osten der Stadt die Davis-Monthan Air Force Base befindet. Direkt neben dieser ist ein über 10 qkm großes Gelände mit mehr als 4000 stillgelegten Flugzeugen.
Zum Nachmittag hin machte ich noch einen Abstecher entlang der 4th Avenue. Diese Straße liegt recht dicht zum Unicampus und somit befinden sich dort jede Menge Bars, Shops und was sonst noch alles ein Studentenherz glücklich werden lässt. Den restlichen Tag habe ich bei angenehmen 30°C wieder mal entspannt im Park verbracht.
Am nächsten Tag ging es auf nach Phoenix. Ich habe mich wieder mal für einen kleinen Umweg entschieden. Dieser führte vorbei am Theodore Roosevelt Damm. Der Damm alleine ist ja einen solchen Umweg nicht so ganz wert. Weswegen ich eigentlich dort entlang gefahren bin, lag am Apache Trail. Diese Strecke wird im Internet sehr empfohlen. Der Trail ist ungefähr 70 Kilometer lang, an Kurven geizt er überhaupt nicht und die Hälfte davon ist noch nicht mal asphaltiert. Neben dem schönen Gefühl, die Steine nur so am Unterboden des Autos zu hören, gab es wunderbare Ausblicke über die Berge und das Gefühl mitten im Nirgendwo zu sein: Wo riesige Spinnen die Straßen überqueren anstatt Rehe 🙂
Da ich das ganze Abseits der Straßen noch ein wenig auskosten wollte, bin ich am nächsten Morgen gleich mal wieder etwas wandern gegangen. Es ging auf den Piestewa Peak, dem höchsten Punkt von Phoenix. Es galt dort knapp 500 Meter zu überwinden. Auch wenn es Morgens um 8 Uhr war, waren schon jede Menge Leute auf dem Weg nach unten. Naja, wenn man weiß, dass es tagsüber wieder um die 30 Grad werden, geht man das ganze auch früh an.
Irgendwann bin ich unten angekommen. Und bevor ich mir Abends das Basketballspiel der Phoenix Suns gegen die San Antonio Spurs anschauen wollte, habe ich mich bis dahin in Downtown herumgetrieben.
Am Abend haben die Phoenix Suns die San Antonio Spurs aber sowas von fertig gemacht, dass sich selbst der Manager der Spurs bei den Fans entschuldigt hat und gegen Vorlage der Tickets eine Wiedergutmachung versprochen hat.
Jetzt machte ich mich aber zurück zum Wagen. Doch dort, wo ich ihn vermutet hatte, stand kein einziges Auto. Ich hatte dort den ein oder anderen Bereich gesehen, in dem Parkverbot war. Haben die einen jetzt noch abgeschleppt?!?! Ich habe bei der Polizei angerufen, um das in Erfahrung zu bringen, doch die haben nichts vermerkt gehabt. Daher haben die mir einen Streifenwagen geschickt um eventuell einen Diebstahl aufzunehmen. In der Zeit bis dahin, habe ich mich mal einen Block weiter auf die Suche begeben. Und zum Glück stand der weiße Corolla dort seelenruhig und alleine in der Straße. Das Herz wieder aus der Hose nach oben gewandert, habe ich die Polizei angerufen und Entwarnung gegeben.
Dann kam der letzte Tag. Diesen habe ich ganz entspannt genossen. Noch ein wenig durch die Stadt spaziert und anschließend die ganzen Sachen aus dem Wagen geräumt und alles zusammen gepackt. Ich hätte nicht gedacht, dass soviel verstreutes Zeug über das gesamte Auto wieder in meinen Rucksack passt.
Jetzt waren die 30 Tage auch vorbei. Es ging über 4230 Meilen (ca. 6800 km) quer durch acht Staaten von Atlanta nach Phoenix. Berlin – ich komme zurück.
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