Vom kalten Deutschland aus ging es diesmal in das noch etwas kältere Island. Natürlich würde der eine oder andere zu dieser Jahreszeit lieber in den warmen Süden fahren, doch Steffi, Lutz und mich hatte es in den kalten Norden verschlagen. Die Ambitionen waren unter anderem die Polarlichter. Man redet viel darüber, doch live sehen wollten wir sie endlich auch mal. Dazu haben wir uns weit im Norden einquartiert. Doch bevor es da hin ging, haben wir den ersten Abend in Reykjavik verbracht. Das ist zwar die größte Stadt des Landes, doch mit ihren 120.000 Einwohnern ist sie recht überschaubar.
Ganz oben auf der To-Do-Liste stand das örtliche Penismuseum. Eigentlich war es die Idee der Dame gewesen, doch wir haben uns das mit angeschaut. Schließlich will man ja wissen, wo man sich so einordnen kann. Und nein! Es sind keine Phallen von den unterschiedlichsten Menschen zu sehen. Es geht dabei hauptsächlich um die Tierwelt. Aber wenn der Penis von einem Troll als menschlicher Phallus zählt, dann schon.
Ohne hochroten Kopf ging es aus dem Museum weiter Richtung Innenstadt. Was mir dabei aufgefallen ist, dass die Hauptstraße dort anscheinend mit einer Art Bodenheizung erwärmt wird. Die Seitenstraßen waren alle komplett mit einer leichten Schneeschicht bedeckt, und als wenn jemand ein Lineal genommen hätte, war das so nur bis exakt zur Hauptstraße. Trotz heftigen Schneefalls an diesem Abend blieb die weiße Pracht weder auf dem Bürgersteig noch auf der Straße liegen.
Um dem immer stärker werdenden Schneefall etwas aus dem Weg zu gehen, haben wir uns entschlossen, in einer Bar etwas zu essen zu gönnen. Und dort durften wir auch gleich mit den teuren Preisen in Island Bekanntschaft machen. Diese gipfelten im Anschluss bei einem Besuch im Supermarkt. Wir haben uns ein Toastbrot und Margarine gekauft und dafür knapp 9 Euro bezahlt.
Im Hotel angekommen, hofften wir, dass das Schneetreiben langsam zu Ende geht, damit sich die Wolken verziehen und Platz für eventuelle Polarlichter machen. Doch leider weit gefehlt. Am nächsten Morgen war die komplette Stadt unter einer halben Meter hohen Schneedecke begraben. Dafür, dass bei unserer Ankunft nur wenig an den Winter erinnerte, war es umso erstaunlicher, was in einer Nacht so alles von oben runterkommen kann.
Die erste Aufgabe bestand also darin, unser Auto von den riesigen Schneemassen zu befreien. Das hat aber mal richtig Spaß gemacht. Nicht ganz so lustig war die Info, dass wir erst mal in dem Hotel festsitzen, da noch nicht alle großen Straßen komplett vom Schnee befreit worden waren. Nach zwei Stunden waren die Straßen in Richtung Norden aber soweit geräumt, dass wir losfahren konnten.
Am späten Nachmittag kamen wir nach gut sechs Stunden Fahrt über die verschneiten Straßen von Island endlich an unserem Haus an. Es lag direkt an der Bucht mit einem riesigen Panoramafenster inklusive Blick auf das Wasser und die Berge auf der anderen Seite. Wir waren dort so gut wie alleine. Die nächste Stadt war ungefähr 20 Kilometer entfernt.
Diese Einsamkeit haben wir richtig genießen können. Sei es bei einem abendlichen Bad in dem riesigen Bottich mit heißem Wasser oder beim sehnsüchtigen Warten auf die Polarlichter. Dazu haben wir immer immer mal wieder abwechselnd einen Blick nach draußen geworfen, um zu schauen, ob sich da oben am Himmel etwas tut. Als mal wieder Lutz geschaut hat, meinte er, dass wenn es da oben kein Laserstrahl wäre, es ein Polarlicht sein müsse. Sofort sind wir aufgesprungen und nach draußen gerannt. Und Tatsache! Es waren am zweiten Abend schon unsere ersten Polarlichter. Und es war großartig. Diese glitten nur so am Himmel entlang. Zwar hat sich auch das bestätigt, was immer wieder gesagt wird: Dieses schöne kräftige Grün, wie es auf Fotos oder Filmen zu sehen ist, wird vom menschlichen Auge kaum wahrgenommen. Es ist eher ein grauer Schleier, der einen sehr leichten Hauch von Grün erahnen lässt. Aber nichtsdestotrotz war der Anblick faszinierend.
Nach dem ersten Abend mit den Lichtern mutierten Steffi und Lutz zu wahren Polarlichtkennern. Es wurden ab dem nächsten Abend sämtliche Faktoren wie der aktuelle KP-Wert, Bewölkungswahrscheinlichkeit, Stand des Mondes und was sonst noch alles mit einfließt im Fünfminutentakt immer wieder ausgewertet, um zu ermitteln, wann die Lichter wieder zu sehen sind. Am Ende hatten wir an zwei Abenden das Glück, dieses Schauspiel beobachten zu können.
Natürlich haben wir nicht nur die Polarlichter bestaunt, sondern uns auch im Norden von Island ein wenig umgeschaut. Dazu gehörte unter anderem der ein oder andere vereiste Wasserfall. Aber auch das Gegenstück war der Fall: Eine kleine Grotte mit 45 Grad warmen Wasser. Zwar definitiv zu heiß zum Baden, aber die durch das Hinabklettern kalt gewordenen Hände konnte man dort schön wieder aufwärmen.
Natürlich durfte ein Ausritt auf den typischen Islandponys nicht fehlen. Das habe ich Steffi und Lutz alleine überlassen, da mich das Thema Reiten nicht so ganz interessiert hat. Da wurden auch gleich die wildesten Gerüchte gestreut. Mir wurde nachgesagt, dass ich Angst vor Pferden hätte und das Desinteresse nur vorgeschoben sei. Das habe ich aber widerlegen können, da ich dem Mädel geholfen habe, die Ponys, auf denen Lutz und Steffi geritten sind, wieder zurück auf die Koppel zu bringen. Komischerweise hat Steffis Pony dabei auf mich gehört. Bei ihrem knapp zweistündigen Ausritt soll es sich sehr oft geweigert haben, die Befehle von Steffi zu befolgen.
Ich habe mich in der Zeit mit den beiden Hunden des Hofes beschäftigt. Man sollte sich aber glatt überlegen, ob man diese anfangen will zu streicheln. Denn wenn man angefangen hat und aufhört, wird man von denen mit der Schnauze so lange angestupst, bis man weitermacht.
Island ist ja neben seinem rauen Erscheinen auch für die vielen dampfenden Quellen und die daraus resultierenden ganzjährig wohltemperierten Bademöglichkeiten bekannt. Das haben wir bei den eisigen Temperaturen einen Nachmittag lang ausprobiert. Die sogenannte Blaue Lagune des Nordens ist wie eine riesige Badewanne. Es gibt nur einen Unterschied: Das Ganze riecht ordentlich nach Schwefel. Das hinterließ aber, trotz anfänglicher Bedenken, erfreulicherweise keine unangenehmen Gerüche am Körper.
Denn schließlich hätte es keiner der Mitreisenden am nächsten Tag im Flugzeug ertragen wollen, neben jemandem zu sitzen, der nach verfaulten Eiern riecht.
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