Die Autofahrt am nächsten Tag beschränkte sich mal auf eine ganz entspannte gute Stunde und doch war es wie eine komplette Zeitreise. Denn in Palm Springs fühlt es sich durch die Erhaltung seiner Mid-Century-Modern-Architektur an, als wäre man in die 50er Jahre zurückversetzt worden. Das macht diese Stadt auch so besonders. Da der Tag um zehn Uhr noch recht jung war, haben wir erst einmal den Palm Canyon ganz im Süden angesteuert. Das Besondere war die große Ansammlung von kalifornischen Washingtonpalmen entlang des Tals. Denn bisher bestand die Flora eher aus irgendwelchen vertrockneten Sträuchern, die einem nicht wirklich Schatten spenden konnten. Und da wir um diese Zeit wieder mit über 40°C belohnt (oder vielleicht auch bestraft!?) wurden, war jeder Schatten ein Segen. Weil wir aber schon jede Menge Erfahrungen mit extremer Hitze und direkter Sonne von oben sammeln konnten, war es nicht mehr ganz so schlimm, als uns diese schönen Schattenspender auf dem Weg zurück über die Berge nicht mehr zur Verfügung standen. Dort haben uns, wie so häufig zuvor, Mr. Strauch und Ms. Kaktus Gesellschaft geleistet. Das Ganze auch hier ohne Hitzeschock überstanden, haben wir uns doch nach etwas Abkühlung gesehnt. Die haben wir mitten in der Stadt in einer Bibliothek gefunden. Schließlich kann man hier bei angenehmen Temperaturen etwas entspannen. Denn alles andere im Außenbereich war aufgrund der Hitze und Sonne doch etwas anstrengend. Darum wurde nach dem Check-in im Hotel auch gleich der dortige Pool in Beschlag genommen. Dieser war eine wunderbare Abkühlung. Aber Abkühlungen sind ja auch irgendwann langweilig. Darum ging es bei den noch immer sehr heißen Temperaturen in den knapp 40 Grad warmen Jacuzzi. Klingt komisch, doch war sehr angenehm.
Als die Sonne so langsam hinter dem Berg verschwunden war, haben wir uns auf den Weg in die Stadt gemacht. Dort gab es an diesem Abend auch gleich einiges auf dem wöchentlich stattfindenden Straßenfest zu sehen.
Bevor es am nächsten Tag über die Berge nach Los Angeles ging, sind wir natürlich noch einmal wegen der ansprechenden Architektur durch Palm Springs gecruist. Man fühlt sich dabei durchaus ein wenig in der Zeit zurückversetzt.
Die Gegenwart hat uns aber schneller eingeholt, als es uns lieb war. Denn da waren zum einen der ganze Verkehr in und weit um Los Angeles herum, wie auch der Temperaturschock. Denn hatten wir die letzten Tage selten Temperaturen unter 40°C, waren es hier doch glatt mal 20°C. Da mussten wir uns erstmal etwas dran gewöhnen. Auch hingen die Wolken am nächsten Tag recht tief. Aber das hat uns nicht davon abgehalten, nach Venice Beach zu fahren. Schließlich gab es da auch wieder eine Menge zu sehen. Das kleine Highlight war das Venice Afterburn. Dies war eine Art Aftershowparty des Burning-Man-Festivals.
Weiter Richtung Norden zu den Hollywood Hills wurden die Wolken weniger, und wir kamen dem Hollywood-Zeichen diesmal auch wesentlich näher als bei unserem letzten Besuch vor elf Jahren. Die schmalen Straßen dabei waren eine kleine Herausforderung an mich als Fahrer. Jede Kurve war eine Überraschung: Kommt dir jetzt jemand entgegen oder nicht? Denn Platz für zwei Autos war nur sehr bedingt vorhanden. Aber alles wurde ohne Unfall überstanden. Somit stand auch der Anfahrt zum Footballspiel am nächsten Tag nichts im Weg. Es war nur wieder herauszufinden, wo man kostenlos in Stadionnähe parken kann, denn um die 60-100 $ fürs Parken in unmittelbarer Nähe war uns dann doch etwas zu viel. Und schließlich war so ein morgendlicher Spaziergang auch ganz angenehm.
Und natürlich wurde wieder um das Spiel herum eine Menge an Unterhaltung, Show und Entertainment geboten, so dass es nie langweilig wurde. Auch wenn die L.A. Rams gegen die Green Bay Packers knapp verloren haben, war es bis zur letzten Minute noch spannend. Doch leider haben die Rams es im vierten Versuch nicht noch geschafft, die noch fehlenden drei Yards für die nächsten vier Versuche zu überwinden. Somit war die Freude bei den Packers natürlich riesig. Genauso wie das ganze Spiel über. Denn man hatte sehr oft den Eindruck, dass deren Fans in der Überzahl waren. So viel Stimmung gab es selten von den Fans der Rams.
Mit dieser Niederlage im Rücken ging es am nächsten Tag zum Flughafen. Aber nicht, um in ein Flugzeug zu steigen, sondern nur, um das Auto wieder abzugeben. Jetzt steht aber auf unserem Rückflugticket Chicago. Das ist ja nicht gleich um die Ecke. Um dort hinzukommen, ging es zunächst mit dem Bus in Richtung Union Station.
Wir haben uns für diese Strecke mal etwas unamerikanisch verhalten und uns für den Zug entschieden. Die gut 3.600 Kilometer sollten in ganz entspannten 43 Stunden zurückgelegt werden. Bevor es aber losging, haben wir die Amtrex Lounge ein wenig ausgekostet, und um dem bevorstehenden Bewegungsmangel etwas entgegenzusetzen, waren wir nochmal in der Innenstadt unterwegs.
Nachdem wir unsere Kabine im Zug bezogen hatten, fuhren wir auch pünktlich los. Die untergehende Sonne im Rücken, ging es immer weiter raus aus der Großstadt. Bevor es aber ins „Bett“ ging, gab es noch das Abendessen. Und zu unserer Überraschung gab es ein Drei-Gänge-Menü mit einer Auswahl an vier verschiedenen Gerichten. Da an einen Tisch vier Personen passten, gab es auch jedes Mal neue nette Geschprächspartner dazu. Somit wurde es nie langweilig. Genauso wenig wie Lutz beim Versuch, sich auf dem oberen Bett für die Nacht einzurichten. Es war definitiv kein Kingsize-Bett wie die Tage zuvor und der Platz nach oben war auch begrenzt. Ihm hat die Nacht dort oben so gut „gefallen“, dass er mich gleich dazu verdonnert hat, die zweite Nacht zu tauschen. Das habe ich natürlich auch gemacht. Zwar gab es dort oben kein Fenster zum Herausschauen, doch mir wurde beim Abendbrot von unseren Tischpartnern Daniel und seinem Freund sowie von Lutz erklärt, dass man im Dunkeln sowieso draußen nichts sieht. Das habe ich auch verstanden, denn wir sind fast ausschließlich durch das Nirgendwo gefahren und hin und wieder hielten wir mal an Kleinstädten.
Nachdem Lutz sowie auch ich im oberen Bett die zweite Nacht gut überstanden hatten, kamen wir sogar 15 Minuten zu früh in Chicago an. Bei dieser langen Distanz kann sich die Deutsche Bahn ruhig mal ein Beispiel daran nehmen.
Im Hotel angekommen, stellten wir schnell fest, dass es sich in Northalsted (aka Boystown) befand. Diese Gegend war uns auch von Daniel empfohlen worden. Überall wehen hier die Regenbogenfahnen, und auch sonst erkennt man dort sehr gut die LGBTQ-Bewegung.
Am nächsten Tag ging es ein wenig durch die Stadt. Entlang des Lake Michigan über den Millennium Park in Richtung Buckingham-Brunnen. Da überall die Vorbereitungen für den bevorstehenden Marathon stattfanden, war nicht ganz klar, ob dieser Brunnen überhaupt zugänglich ist. Doch zum Glück war er es. Denn die Liebhaber der Serie „Eine schrecklich nette Familie“ kennen diesen und wollen ihn auch mal live in Aktion sehen.
In der Nähe des Brunnens war auch der Beginn der Route 66. Das Lustige dabei war, dass wir vier Tage zuvor noch am Santa Monica Pier in Los Angeles waren, wo diese Straße endet. Kann man dann behaupten, dass wir sie vom Ende bis zum Anfang bereist sind!?
Mit dieser Frage im Kopf ging es dann auf den Willis Tower in 412 Metern Höhe. Der Fakt allein, dass es die höchste Aussichtsplattform der USA ist, macht es noch nicht so ganz spannend. Der Höhepunkt sind die Glasbalkone. Für jemanden mit Höhenangst und kein Vertrauen in den Glasboden ist es definitiv nichts. Wir haben es aber ohne Probleme über den offiziellen Weg wieder nach unten geschafft.
Nun war der nächste Tag auch schon der letzte volle Tag des Urlaubs. Diesen haben wir ganz entspannt genossen und sind ein wenig am Chicago River entlanggegangen. Denn das Wetter dazu hat mit seinen sonnigen 28°C förmlich dazu eingeladen.Wenn ich mir dazu das Wetter in Berlin anschaue, stehen wir einer weiteren Halbierung innerhalb kürzester Zeit unmittelbar bevor. Gut, dass ich meine Übergangsjacke dabei habe.
Die Zugkabine war ja klein.
Dachte, das wäre ein richtiger Raum mit nem Bett.